Eine Runde Ehrlichkeit im Internet.

Heute musste es schnell gehen. Heute konnte ich mich kaum aufraffen, mich vor die Kamera zu setzen. Warum schauen Blogger so oft nicht in die Kamera? Oder vielleicht auch nur ich nicht? Weil ich das Gefühl habe, mir springt jeder Gedanke förmlich aus dem Gesicht und jeder kann ihn sehen. Ein direkter Augenkontakt erzählt Geschichten, heute gibt es ein erschöpftes Lächeln und kleine Augen. Eigentlich bin ich glücklich. Furchtbar glücklich. Aber heute bin ich müde. Und das sieht man – aber das dürft ihr ruhig sehen. Ich bin ein Mensch, ich bin echt. Ich habe Schwierigkeiten damit, meine Stimmung oder meine Gefühle zu verbergen.

Überall im Internet verschwindet ein bisschen Echtheit. Jeder versucht sich so gut wie möglich darzustellen, ich natürlich auch. Auch ich habe ungeschminkte Tage und den ein oder anderen Pickel. Auch mein Schreibtisch ist oft vollgemüllt mit leeren Tassen, Löffeln und unorganisiertem Krimskrams. Mein Schlafzimmerboden ist bedeckt von Zeug – allem, was man halt so auf die Schnelle durch die Gegend wirft. Mein Handy hat sein einem Jahr einen ziemlichen Sprung im Display und ich trage Strumpfhosen mit Löchern, die ich so übereinanderziehe, dass es nicht auffällt. Meine Haare sind nicht jeden Tag gekämmt und bei dem richtigen Licht erschrecke ich mich oft über die kleinen Haare, die sich hier und da verstreut unter der Augenbraue verstecken und erst dann sichtbar werden, wenn man sich grad während eines wichtigen Gesprächs die Hände wäscht.

Unsere Social Media Accounts erzählen von der strahlenden Seite des Lebens, aber nur die unfotografierten Kleinigkeiten machen einen echten Menschen aus. Ich gebe zu, ich würde mich nicht trauen ein Bild hochzuladen, auf dem ich verpickelt und schlecht getroffen aussehe. Das muss für Ehrlichkeit ja auch gar nicht sein. Aber ein bisschen Transparenz festigt eine Bindung und ihr schreibt mir oft so persönliche Dinge, dass es an der Zeit ist, auch mal ein paar Schwächen zu zeigen. Nicht, weil es hier um fishing for compliments geht oder ich irgendwem etwas beweisen will. Aber vielleicht gibt es ein paar Kleinigkeiten, die einigen ein Schmunzeln ins Gesicht zaubern oder eine gewisse Beruhigung verschaffen. Ich fühle mich auch gut, wenn ich Mischa Barton mit Cellulite sehe.

Heute gibt es also ein paar random facts aus dem Leben, das nicht mit Bildern dokumentiert wird.

Ich bin nah am Wasser gebaut und fange schnell an zu heulen, vor allem, wenn ich wütend bin. Ich bin ein unheimlich fauler Mensch, wenn es um Gründlichkeit geht und wenn ein Streifen an meinem Bein noch stoppelig ist oder eine Bluse nur halbherzig gebügelt, dann ist mir das egal. Wenn kein Shampoo da wäre, würd ich nach dem nächstbesten greifen, selbst wenn es die Handseife wäre. Ich wechsele nicht jeden Tag diese verdammte Kontaktlinsenflüssigkeit, nur die Harten kommen in den Garten. Meine Zehnägel kommen vielleicht ein bis zwei mal im Jahr mit Nagellack in Berührung, weil sie mir einfach egal sind. Ich bin Gelegenheitsfingernagelkauer und kratze mir bei Nervosität unbewusst im Gesicht rum, was mich selbst ziemlich ärgert und es auch nicht schön aussieht. 

Ich bin morgens unausstehlich, wirklich. Ich hasse morgens Menschen, vor allem Niklas, wenn er direkt nach dem Aufstehen schon fröhlich singen kann. Meine Angst vorm telefonieren finde ich ziemlich peinlich und kindisch. Beim Einkaufen bin ich ziemlich unorganisiert und vergesse dann, was ich wollte, weil ich eine rosa Verpackung mit Lillifee Pudding gesehen habe. Ich hasse Lillifee, aber rosa Verpackungen üben irgendeine höhere Macht auf mich aus. Ich kaufe diese Produkte auch nie, aber ich muss sie immer angucken. 

Ich bin gut im Nörgeln, weil ich immer Anstandsdame bin. Ich werde ungemütlich und hektisch, wenn jemand trödelt und wir deswegen zu spät kommen. Ich könnte mich stundenlang mit Niklas darüber streiten, wie chaotisch er Fahrrad fährt. Ich hab ein Problem mit „Danke“ sagen, wenn mir jemand was schenkt, weil ich nicht weiß, wie ich damit umgehen soll. Auf vielen meiner Fotos mit schönen Frisuren sieht der Hinterkopf wirklich banane aus, zusammengewurschtelter Haarklammermix mit dem, was grad so in Reichweite war.

  

Ich bin Meister im „optisch putzen“ – also nur da, wo man es sieht. Meine Handgelenke sind so dünn, dass ich sie selbst eklig finde und mein rechter Mittelfinger war vom Handball so zertrümmert, dass ich es nicht haben kann, wenn ihn jemand anfasst. Ich finde leichtes gekrault werden furchtbar und noch schlimmer, wenn mir Menschen beim Reden so nah kommen. Manchmal fühle ich mich wie ein emotionaler Klotz. Oder ein Stein. Aber ich sehe nicht so aus und dann verwirrt die Leute manchmal mein kühles Benehmen, obwohl ich’s nicht böse meine.

Das ist sie also, die Joana wie sie aussieht, wenn sie heute mal keine Lust hat, vor der Kamera zu stehen. Und wenn wir grad schon bei der Ehrlichkeit sind: Ich finde das Bild schrecklich und gequält, aber hey – ein ehrlicher Post braucht ehrliche Bilder.

Irgendwie fühlt sich das gut an, all diese Dinge aufzuschreiben. Ich möchte dass ihr wisst, dass ich meine Bilder auch mit Photoshop bearbeite, um für euch (und mich) gut auszusehen. Natürlich retuschiere ich Pickelchen weg oder bessere hier und da Make Up Patzer aus. Bilder dürfen perfekt aussehen, sie erzählen eine Geschichte oder transportieren eine Stimmung. Der Mensch dahinter ist echt und ich möchte, dass ihr den kennt, versteht und einschätzen könnt. So. Und jetzt brauche ich erst mal einen Kaffee, ich bin wirklich huuuuundemüde.

Bluse: Sheinside // Hose: h&m // Schuhe: s.Oliver

View Comments

  • Hey Joana,

    du hast das wiedermal so toll geschrieben. Danke, dass du so ehrlich bist :)
    Und vieles von dem was du schreibst, kommt mir bekannt vor. Ich bin auch ein ziemlicher Morgenmuffel und bin jedesmal genervt, wenn mein Freund mich um halb sechs in der Früh schon mit bester Laune angrinst. Dass du nicht gerne telefonierst, finde ich gar nicht kindisch. Ich hasse telefonieren und drücke mich immer tagelang darum, wenn ich irgendwo einen Termin machen muss. Mir klopft jedesmal das Herz bis zum Hals, wenn ich mit einer fremden Person telefonieren muss. Denke, so sind manche Menschen halt.

    Liebste Grüße, Svenja.

  • Ein sehr mutiger Post, dafür das heutzutage (nicht nur im Internet) viele Menschen viel zu schnell urteilen.
    Man denkt im ersten Moment tatsächlich nicht, dass jemand der offensichtlich über jede Menge nachdenkt und das dann auch noch in so wundervolle Worte fassen kann, die mehr Menschen als du vielleicht denkst so sehr aus dem Herzen sprechen, ein "emotionaler Stein" sein kann. Und hey wer brauch schon ein Ausdruck für dieses Gefühl, wenn man kreativ genug für so eine einleuchtende Metapher ist!
    Niemand muss Sachen von sich preisgeben, die außerhalb seiner Comfortzone sind, aber die kleinen Macken machen dich doch sehr sympathisch und vielleicht ja auch anderen Mut das ganze Thema etwas lockerer zu sehen.
    Liebste Grüße aus Jogginghose und mit verfleddertem Dutt
    Stella

  • Danke für deine Ehrlichkeit. Deine Transparenz.
    Danke, dass ich mich in deinem Text wiederfinde.

  • Unglaublich gut geschrieben! Und in gewissen Dingen finde ich mich selbst wieder, zum Beispiel kann man auf meinen Fußnägeln immer noch Reste von dem Nagellack bewundern, den ich im August aufgetragen hab, sieht ja eh keiner..
    Durch seine Macken wird man schließlich erst zu dem Menschen der man ist!

  • Endlich spricht mal jemand aus was eh alle denken oder tun.
    Du kannst dir sicher sein: Du bist nicht die einzige.
    Jeden deiner Punkte können wir hier im Team mit einem nicken bestätigen.

    Dein STRASS.com - Team

  • ich musste oft schmunzeln; ich fand mich in einigen Dingen wieder:) das hat mir wirklich den nachmittag versüsst. danke dir für deine ehrlichen worte heute

  • Danke für diesen Post! Du hast meine Laune damit gerade ziemlich aufgebessert. Weil ich heute einen dieser Tage hatte an welchen ich mich frage warum andere Blogger immer so perfekte Bilder haben, so schöne Haare und Texte. Bei mir klappt das einfach nicht immer so. Du hast mich daran erinnert, dass das auch gar nicht so sein muss. Wir sind alle nur Menschen. Es ist schön daran erinnert zu werden, dass auch andere Macken haben, Pickel und Chaos. Danke für deine sympathische Ehrlichkeit! :)

    Liebe Grüße, Hanna von http://hanna0irresolutely.wordpress.com/

  • I feel you, food sister! :D
    Ich hasse es auch zu telefonieren! Mein Herz bimmelt immer so uuuuultra (..bevor ich den Anruf-Knopf drücke)!
    Hahahahaha, das ist etwas peinlich... aber ja... so ist es :D.

  • Wie wunderbar sympatisch! Und fast gruselig in wie vielen Deiner Ehrlichkeiten ich mich gerade sooo wiedergefunden habe. Erst vor 4 Minuten hab ich mich so peinlich am Telefon in der Arbeit versprochen, weil diese klingelnden Geräte Angstschweißhände bei mir auslösen :)

    Die Internetwelt denkt immer man wäre so perfekt, dabei ist man auch nur relativ normaler Mensch, aber von anderen glaubt man das trotzdem nicht...
    Fast hast du mich ein wenig ermutigt auch mal so ehrlich zu sein. Mal schauen :):)
    Danke jedenfalls!

  • Wow einfach wunderbar ehrlich geschrieben! Außerdem finde ich mich selbst in so manchem wieder (zum Beispiel der Kontaktlinsenflüssigkeit :D)

  • Das mit der Kontaklinsenflüssigkeit kommt mir doch ziemlich bekannt vor! Und morgens gute Laune? Nene!
    Jedenfalls ein wundervoller Post!

    Liebe Grüße :)

  • Herrlich.
    -zu dünne handgelenke-Yes. Finde meine auch ziemlich ekelerregend.
    -Angst vorm telefonieren-ich hasse Essen bestellen!
    -fußnägel-lackiere ich höchstens auf Hochzeiten :D

    Ach, joana. Ich verstehe dich. :D

  • Hach, wie cool, Ehrlichkeit ist wohl doch irgendwie am sympathischsten! :-) Und am Ende geht es uns allen doch irgendwie ähnlich. Jeder hat gute und schlechte Tage und solche Tage, an denen man gar nicht aus dem Bett will. Jeder hat so seine Macken und das ist auch gut so! So sind wir echt. und menschlich. Danke, dass du uns mit diesem Post daran erinnert hast! :-) Ich hoffe, du hast jetzt trotzdem einen tollen Nachmittag und Abend!

  • Danke für diesen wundervollen Post! Es tut gut, dass man ab und zu erinnert wird, dass Mensch einfach nur Menschen sind.
    Und ja, jeder hat doch seine Macken und Sorgen.... Ich hasse zum Beispiel Gespräche unter vier Augen mit Menschen, die ich noch nicht lange oder gut kenne. Ich weiss dann nie, was sagen oder wohin schauen! Ausserdem klopft mein Herz vor jedem Telefonat, welches nicht an meinen Freund oder meine Familie geht, wie verrückt! Und wenn Fotos geschossen werden, ärgere ich mich oft über strähnige Haare, kleine Speckrolle über dem Hosenbund, meine klitzekleine Narbe unter der Augenbraue... Aber hey! Das Leben ist trotzdem schön! :D
    Ganz liebe, ehrliche Grüsse
    Mirjam

  • So. schön. Wirklich. Ein toller Beitrag und bei vielen der Macken, Schrullen und Angewohnheiten kann ich dich beruhigen - so gehts mir bspw. auch bei vielen Sachen. Der gut gelaunte Freunde am Morgen während man selber die Welt noch gar nicht haben will; die nicht-lackierten Fußnägel (als chronische Turnschuhträgerin sieht das sowieso fast nie jemand); usw.

    Ich denke das gehört dazu und manchmal ist es sehr schön, wenn diese schön gemachten Bloggerfassaden auch etwas bröckeln und man sich als 'wahren Menschen mit Ecken und Kanten' zeigt. Nicht jeder ist schließlich weiß und pastellfarben, falls du verstehst, was ich meine :) Insofern ist so ein Beitrag eigentlich genau das, was dich und deinen Blog ausmacht - Ehrlichkeit auch mal zu 'nem Scheißtag zu stehen :)

    Liebe Grüße
    Tina

  • Es ist herrlich wie du schreibst und uns aus der Seele sprichst! Ich kann deine Angst vorm telefonieren voll und ganz nachvollziehen. Wie gehst du damit um wenn dich Kunden anrufen?

  • Dieser Post liebe Joana, ist mal wieder der Beweis, dass du eine unglaubliche, tolle und starke Frau bist. Du stehst zu dir und somit auch zu deinen Macken, und das finde ich wunderbar. Du kommst so sympatisch rüber, wie sonst niemand, Man kann sich so sehr in dir wiederfinden, dass echt schon lustig und gruselig zu gleich ist :) Wie ich bisher gemerkt habe, haben soooo unglaublich viele Menschen Angst vorm telefonieren, das hätte ich nie gedacht,, meinte immer allein mit dieser Angst zu sein, doch nun fühl ich mich viel besser, denn ich weiß, dass ich nicht alleine bin. Und es macht mir nichts mehr aus. dass meine Mama das gar nicht nachvollziehen kann. Ich weine auch ganz schnell, ich hasse es, wenn ich mit jemandem gestritten habe und etwas unklar ist. Für mich muss alles immer in Ordnung sein, sonst kann ich schlecht schlafen. Auch ich weiß, dass für manche Menschen ihr Leben nur im Internet existiert, doch ich habe mich entschlossen einen anderen Weg zu gehen. Klar, ist Internet cool, und es macht Spaß, aber nicht jeder muss immer wissen, was man macht oder ähnliches, deshalb hab ich kein Instagram und Poste auf meiner Pinnwand bei Facebook nur sehr selten was. Wie immer, hast du einen wunderschönen Post geschrieben, der so ehrlich ist. Die Fotos sind auch wunderschön, sogar, dass wo du meinst gequält zu gucken. Und weißt du warum sie so wunderschön sind? Weil du es bist, egal ob ungeschminkt, in einer Jogginghose oder in einem Kleid, du bist einfach ein wunderschöner Mensch, vom Aussehen wie auch vom Charakter, und diese Schönheit wird die nie jemand nehmen können! <3

  • Ich finde dich toll mit deinen ganzen Macken und allem drum und dran. Das macht dich so unglaublich sympathisch, dass du keinen wert auf schöne Füße legst, nicht immer gern vor der Kamera stehst oder im Supermarkt plötzlich nicht mehr weißt was du eigentlich brauchst. Weiter so ❤

  • Ich bin vor kurzem auf deinen Blog gestoßen und ich bewundere dich! Wie du über alltägliche Dinge schreiben kannst und immer die passenden Worte findest. Total schön!

    Liebste Grüße :)

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Veröffentlicht von
Joana

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