Aus der Sicht von Kinderaugen.

Ich habe heute eine neue Freundin gefunden.

Zu einem Kundengespräch heute kam die kleine Mathilda mit, die uns erst still mit großen Augen aus ihrer kleinen Kinderperspektive gemustert hat. Zurückhaltend, aber keinesfalls ängstlich. Sie war außerdem nicht allein, denn sie hatte ihre drei Freunde Robbi, Hasi und Enti mitgebracht, die sie auch sofort wie selbstverständlich neben sich auf die Bank setzte. Während Niklas sich hauptsächlich mit ihren Eltern unterhielt, hatte ich  nur Augen für das kleine Mädchen, das mit ihren drei Jahren selbstbewusst neben ihrer Mama auf der Bank saß und sich neugierig alles anguckte.

„Darf ich die Kiste haben bitte?“ fragt sie plötzlich ihren Papa und fängt an, ihre Plüschtiere ordentlich neben ihren kleinen gelben Klettverschlussschühchen auf die Kiste zu legen. Nach mehreren Anordnungen ist immer noch nicht ganz zufrieden und räumt sie dann ordentlich in die Kiste ein. Kuscheltiere und Schuhe wieder raus, ordentlich daneben geräumt. „Ich kletter jetzt in die Kiste!“. Meine Aufmerksamkein galt definitiv nicht dem Gespräch, ich war schon längst gefangen in Mathildas Welt. 

Ohne die anderen zu beachten, bauen wir beide aus Kisten eine Brücke zwischen Bank und Bett, über die sie dann immer hin und her klettert – nicht ohne sich zu vergewissern, dass ich auch gucke, wie gut sie klettern kann. Als sie dann anfängt, von der letzten Kiste mit einem Hops aufs Bett zu springen, lege ich ihr ein dickes Kissen hin und sie springt direkt noch einmal – Arme auseinander, Bauchlandung, Kopf tief im Kissen vergraben. Der kleine Kopf wühlt sich wieder aus dem Kissen hervor und strahlt mich verwuschelt an: „Noch mehr weich!“ Also baue ich ihr einen ganzen Kissenhaufen und sie klettert und hüpft unermüdlich. „Mama, darf ich den ausziehen?“ fragt sie artig und zieht an ihrem türkisgepunkteten Tellerrock. Mit Ringelshirt, roter Strumpfhose und Wuschelhaaren wird diese Prozedur immer weiter fortgesetzt und nach jedem Sprung guckt sie mich an: „Noch mehr weich!“ Also gehen wir zusammen suchend durchs Studio – sie findet Decken, Sitzkissen, Kleider, Seidenpapier aus einem Karton und Bläschenfolie, die sie alle stolz auf ihren Haufen auf dem Bett legt, um dann wieder draufzupringen. 

Dann hat sie eine neue Idee: „Wir bauen eine Höhle!“ und strahlt mich erwartungsvoll an. Direkt über ihrem Kissenberg lasse ich das hochgeknotete Mückennetz runter und drapiere es um sie herum, bis sie auf ihrem Berg thront wie eine kleine glückliche Prinzessin auf der Erbse. „Du musst auch mit rein!“ Also sitzen wir beide lachend in unserer Höhle, während um uns herum jedes Gespräch unwichtig war. „Ich muss dich verbuddeln, du musst jetzt schlafen!“ Und schwupps wird der Berg auf mich umgelagert, ihren Rock zieht sie mir wie einen Kragen über den Kopf. Sie hopst auf mich, nimmt das Kissen von meinem Gesicht und strahlt mich an, ihre Nase keinen Zentimeter von meiner Nase entfernt. Dann beisst sie mich leicht in die Schulter und grinst mich wieder an. Ich glaub, wir sind jetzt beste Freundinnen.

Kleid, Armreifen, Gürtel: h&m // Schuhe: Converse // Kette: Sheinside*

Als ihre Eltern langsam gehen wollen, klettert sie auf meinen Schoß. „Du musst mitkommen!“ und drückt mich fest und ganz kurz, bevor sie wieder runterspringt.

„Du darfst gern wiederkommen!“ sage ich und merke, dass ich das wirklich ernst meine. Vielleicht, weil sie mich an mich selbst erinnert. Vielleicht, weil mich diese kleine Person mit ihren gerade mal drei Jahren so beeindruckt hat, wie es kaum ein Erwachsener schafft. Wann haben wir verlernt, so offen miteinander umzugehen? Wann haben wir das letzte mal die Welt um uns herum vergessen?

Ich hoffe, die kleine Mathilda kommt bald wieder – bis dahin sammle ich schon mal ganz viel „weich“.