Das Leben als Träumer. Segen und Fluch.

Ein Leben als Träumer. Fantasie als Segen und Fluch. Ein Leben in einer Parallelwelt.

Wenn ich eine Eigenschaft nennen soll, die mich ausmacht, dann ist das meine Fantasie. Das war mir lange nicht klar, man geht ja immer davon aus, dass alle anderen um einen herum genau so denken wie man selbst. Im Laufe der Jahre stößt man dann immer wieder auf die Erkenntnis, dass andere einfach komplett unterschiedlich denken. Fantasie ist nicht für jeden selbstverständlich und hat auch nicht für jeden den gleichen Stellenwert wie für mich. Natürlich darf man die Realität nie verdrängen – aber die Fähigkeit, sie vielleicht einen Moment zu vergessen, kann uns das Leben eindeutig erleichtern. Jeder braucht im Leben etwas, das ihm Halt gibt. Manche Menschen sind sehr rational, die brauchen in stressigen Phasen einfach mehr Schlaf und die Sache ist gegessen. Probleme brauchen eine Lösung, jeder Weg hat ein festgestecktes Ziel. So jemand bin ich nicht.

Die Welt hat sich schon immer mehr in meinem Kopf abgespielt, als außen. Bildlich gesehen sind meine Gedanken bunt, die Realität eher Schwarz Weiß. Ja oder Nein. Ein Vielleicht gibt es nicht. Mit Fantasie ist allerdings alles möglich. Ich war zwar nie gern allein, aber ich konnte mich immer gut allein beschäftigen. Als Kind bin ich damit oft auf Unverständnis gestoßen, denn wenn ich mit einer Freundin oder meiner Schwester Playmobil gespielt habe, fand die Geschichte komplett in meinem Kopf statt. Ich habe still und glückselig meinen Bauernhof oder Märchenwald aufgebaut, während mein Kopf dazu die tollsten Geschichten erfand. Das dumme war: Als wir fertig mit Aufbauen waren, wollten die anderen dann endlich anfangen zu spielen. Das konnte ich nie verstehen. Ich hab doch schon gespielt! Das war doch toll! Mit Figürchen in der Hand auf dem Boden rumzukriechen und dämliche Dialoge zu führen fand ich immer peinlich. Schon als Kind. Die Geschichte in meinem Kopf war zu komplex für eine zweite Person, die mit ihrer Figur und dem, was sie sagte, dazwischenfunkte.

In unserem Garten habe ich unsere Böschung umgegraben, damit meine Gummitiere Höhlen hatten, die ich mit Moos, Gras oder auch Stoffresten ausgestattet habe. Warum können Löwen keinen Teppich in ihrer Höhle haben? Ist doch viel gemütlicher. Das Nachbarskind fand das unlogisch. Das war eh doof. Also fand alles in meinem Kopf statt. Alleine zu spielen war für mich Selbstschutz. Wer möchte schon gern ausgelacht werden für das, was in seinem Kopf abgeht? Also lernt man, still zu sein.

Leider fand ich Mathe auch doof, das passte nicht wirklich in meine bunte Welt. Schule war für mich daher eher ein Ort, an dem ich mich fremd gefühlt habe. Eingeengt. Nicht dazugehörig. Anders. Je älter ich werde und je länger ich den Beruf ausübe, den ich mir ausgesucht habe wird mir klar: Das macht mir so Spaß, weil ich ICH sein kann. Weil ich mich nicht mehr verstellen muss. Ich kann die bunte Welt aus meinem Kopf umsetzen. Ich liebe Bilder von mir selbst. Nicht, weil ich mich selbst als Model fühle – sondern weil ich durch die Fotos endlich die Bilder aus meinem Kopf vor meinen eigenen Augen sehe.

Vielleicht werden sich einige wiedererkennen, wenn sie das hier lesen. Andere vielleicht nicht. Aber das ist auch gut so, in einer Welt voller Träumer gäbe es ja niemanden mehr, der die Kontrolle behält. Dafür habe ich Niklas – er gibt mir meine Freiräume, die mein wirres Köpfchen braucht und holt mich zurück, falls ich wieder mal alles andere um mich herum vergesse. Bevor ich ihn kannte, habe ich mich gefühlt, als würde ich herumirren. Nicht wortwörtlich, aber irgendwie innerlich. Jetzt ist alles ruhig. Liebe definiert ja jeder anders, aber ich denke DAS ist meine Art von Liebe.

Und warum ich so oft nicht in die Kamera gucke? Ich weiß nicht. Vielleicht bin ich dann grad nicht da.

Kleid: Lookbookstore* // Kopfschmuck: Sheinside* // Kette: Madeleine Issing

View Comments

  • Du sprichst mir so aus dem Herzen damit. Ich bin auch eher ein In-meinem-Kopf-Mensch. Ich hab die Schule so gehasst, dass ich irgendwann nicht mehr hin ging. Bis heute lebe ich eher in mir als "in der richtigen Welt". Aber ich hab Glück, heute bin ich beruflich nur von Leuten umgeben, die mich so hinnehmen, wie ich eben bin. Oder wie ein sehr lieber Kollege mal sagte: "Sie spinnt, aber sie ist lieb und klug und eigentlich macht sie das ja zu etwas Besonderem."

  • Ich kenne das Gefühl, wenn man sich anders fühlt. Ich komme eigentlich mit allen in meiner Schule ganz gut klar, mit manchen bin ich mehr, mit manchen weniger befreundet. Nur verstehen meine Freunde nicht, dass ich auch ein wenig Zeit für mich brauche, dass ich es hasse über whatsapp zu schreiben und Feen und Elfen über alles liebe. Sie verstehen nicht, dass ich meine eigene Welt habe. Wunder, wunderschöne Bilder Joana, du sprichst einem wirklich aus der Seele! <3

  • wow. die bilder sind so unglaublich schön. und du so unglaublich hübsch. <3
    liebe grüße. Monika

  • Nur weil Mathematik mit Logik gleichgesetzt wird, heißt das nicht, dass sie nicht ebenfalls Kreativität erfordert. Denn sonst könnte man ja jegliche Aufgaben nach dem immer gleichen Schema lösen.

  • Immer wenn ich deine bilder sehe, bin ich gleich ein stück motivierter, mal ansatzweise so schöne bilder mit meiner nikon zu machen wie du. ich klick mich mal wieder durch deinen blog um mir tipps zu holen :)
    whaaaa, da muss ich wohl noch lange an meinen fähigkeiten rumwerkeln :D
    liebst

  • Die Fotos sind wunderschön geworden!
    Was du da beschreibst, kenne ich nur zu gut. Ich träume auch oft und gerne. Mein "Ventil" ist allerdings nicht die Fotografie. Ich habe stattdessen ein Faible für's Schreiben und Geschichten Erfinden. Schon immer. Das war einer der Gründe, weshalb ich vor fast zwei Jahren meinen Blog ins Leben gerufen habe.

    Viele Grüße!

  • Freut mich, dass es nicht nur mir so geht. Man geht tatsächlich davon aus, dass alle so denken wie man selbst. Ich finde es immer total seltsam, wenn ich herausfinden, dass andere über bestimmte Dinge nicht so denken. Otmals auch sehr traurig und am liebsten würde ich es ihnen dann begreiflich machen, aber das funktioniert meistens nicht. Das ist so frustrierend. -_-

  • Wow. Wie du es schaffst, das in Worte zu fassen was ich fühle und nicht ausdrücken kann. Kompliment. <3

  • Das mit den Playmobil-Männchen kenne ich :DD Habe auch nie geredet weil ich das irgendwie komisch fand :P

  • Wie soll ich es sagen, bei Deiner hohen Qualität an Fotos muss ich trotzdem sagen, dass die aus diesem Post herausstechen und mir von den letzten Bildern am besten gefallen. Liegt vielleicht auch daran, dass der Fokus hier mehr auf Dir als auf Mode liegt. Ich mag sie. Ich mag Deinen Stil. Sehr schöne Arbeiten.

  • Liebe Joana,
    dein Text geht einem wirklich unter die Haut. Sosososososo wunderschön!
    Ich mag Fotografie zwar auch sehr gerne, aber ich bin bei mir, wenn ich etwas Kreatives "machen" kann. Mit den Händen, mit Farbe, mit tollen Materialien, mit Stoffen... Und wenn mein Kopf einen Gedanken gesponnen hat, dann geht es immer weiter und muss umgesetzt werden.
    Mein Freund fragt dann oft: "Muss das JETZT sein?!"
    Ja, es muss muss muss, sonst bin ich unzufrieden, traurig,
    Weil die Idee im Kopf fest sitzt und nicht raus darf.
    Wenn er das dann hört, sagt er : "Was geht in deinem Kopf nur vor?", gibt mir einen Kuss und sagt, ich solle weitermachen.
    Und du hast Recht , wenn du sagst, dass man manchmal auch jemanden braucht, der einen verwundert anschaut und einen dennoch unterstützt. Obwohl - oder gerade weil man so unterschiedlich ist. Weil man dennoch einfach man selbst sein kann.

    Deswegen mach weiter so. Denn so bist du du, und du bist wunderbar!

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Veröffentlicht von
Joana

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